|
Der tapfere Ney unterliegt bei Dennewitz Die Absicht, selber auf die preußische Hauptstadt vorzurücken, hatte Napoleon aufgegeben, sobald er von Blüchers Erfolgen hörte. Während er selbst nach der Lausitz der schlesischen Armee entgegenzog, übertrug er dem Marschall Ney die Leitung des vierten Zuges gegen Berlin.
Der tapfere Marschall, der zu dem Unternehmen von haus aus wenig Zutrauen hatte, versammelte seine Armee bei Wittenberg, warf nach blutigem Gefechte eine vereinzelte preußische Abteilung zurück und
marschierte am 6. September, ohne die Nähe des Gegners zu ahnen, über die sandige Ebene auf Jüterbog. Da stieß Bertrand mit der Vorhut auf Tauentziens Preußen, und derweil hier ein hitziger Kampf begann, brach Bülow der französischen Marschkolonne bei Dennewitz in die Flanke.
|
So entspann sich eine unerwartete, weit ausgedehnte Begegnungsschlacht. Bülow wagte mit 40 000 Preußen den Kampf gegen den um die Hälfte
überlegenen feind, weil er auf das Eingreifen des Kronprinzen rechnete, der mit der Hauptmasse der Nordarmee in Anmarsch war. Die Franzosen standen in einem großen Bogen, mit der Rechten nordwärts gegen Tauentzien gerichtet,
mit der Linken westwärts gegen Bülow. Der Marschall hielt auf dem rechten Flügel, hatte nur Augen für die Vorgänge in seiner Nähe. Sobald er hier die Seinen weichen sah, befahl er dem Korps Oudinots vom linken Flügel
zur Unterstützung herbeizueilen. So wurde die Linke entblößt, und es gelang Bülow, die Sachsen aus Göhlsdorf herauszuschlagen und bis Dennewitz vorzudringen. Überall waren die Preußen im
Vorgehen, da verkündeten gewaltige Staubwolken das Nahen des Kronprinzen mit seinen siebzig Bataillonen. Bei dem Anblick dieser Truppenmassen ergriff die Geschlagenen ein jäher Schrecken, Neys Armee stob in wilder Flucht
auseinander. Heinrich von Treitschke, Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert, 1907-1912 |
|